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Written by: Helden der zweiten Reihe

Vom Ballkind zu den Australian Open

Ein Stuttgarter im Finale der Australian Open. Nico Helwerth hat geschafft, wovon viele träumen. Er leitete das Endspiel 2021 zwischen Novak Djokovic und Daniil Medvedev. Angefangen hat alles im Team der Ballkinder bei den Eurocard Open in Stuttgart. Wie man Tenis-Schiedsrichter wird, erzählt er uns im Interview. 

Nico, mit dem Finale in Melbourne ist für dich ein Traum in Erfüllung gegangen  wie hat alles angefangen 

Ich habe sehr früh mit Tennis angefangen, aber ich sage es gleich: ein guter Tennisspieler war ich nie. Meinen ersten Kontakt zum Turniertennis hatte ich als Ballkind bei den Eurocard Open in der Stuttgarter Schleyerhalle. Da war ich sieben Jahre alt und fand das total toll. Als ich mit 15 zu alt und vor allem zu groß dafür wurde, wollte ich dabeibleiben. Ich machte erst die Linienrichterausbildung und dann die Schiedsrichterausbildung beim WTB. Meine ersten Einsätze hatte ich in der Regionalliga, in der zweiten Liga oder bei den Herren 30.  

Die internationalen Spiele folgten bald… 

Ich wurde für die Ausbildung zum DTB-Schiedsrichter nominiert. Da habe ich gerade angefangen, zu studieren. Vom DTB wurde ich dann für die Level-2-Schule der ITF gemeldet, dort erhält man seinen White Badge, die Lizenz für internationale Turniere.  

Es folgten die Level-3-Schule, das Silver und das Gold Badge 2018 und schließlich 2019 die Berufung ins Profi-Team der ITF – der Ritterschlag? 

Eine riesengroße Ehre. Das Gold Badge ist die höchste Auszeichnung, die ein Schiedsrichter bekommen kann. Und die Berufung in den Kreis der neun Profischiedsrichter war das Sahnehäubchen.   

Was war dein schönstes Erlebnis als Schiedsrichter? 

Natürlich klingen die großen Matches toll. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an mein erstes Finale auf der ATP-Tour in München damals, das war ein Meilenstein. Oder auch das erste Mal ein Match beim Porsche Tennis Grand Prix – dort wo ich schon als kleines Ballkind dabei war. Das war unfassbar für mich. Hinzu kommen natürlich tolle Orte und Menschen, die ich ohne das Tennis nicht kennengelernt hätte. Oder die Olympischen Spiele 2012 und 2016. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an die Eröffnungsfeiern denke.  

Eigentlich sind Schiedsrichter nicht gerne in den Medien. Bei den Australian Open war es aber für dich so weit.  

Eigentlich ist es so: Wenn am nächsten Tag nicht über den Schiedsrichter gesprochen wird, hat er einen guten Job gemacht. Aber in dem Fall war das ok.  

Nico Helwerth und der Australian-Open-Sieger Novak Djokovic. Fotos: Paul Zimmer

Weil du der erste deutsche Schiedsrichter seit 30 Jahren warst, der ein Grand-Slam-Finale leiten durfte.   

Das war nochmal ein absolutes Highlight. Es war immer ein Ziel von mir: Einmal ein Grand-Slam-Finale zu leiten. Jetzt kann ich zumindest sagen: Einmal hat es geklappt. 

Was braucht ein guter Tennis-Schiedsrichter? 

Man muss nervenstark sein und unter Druck schnell Entscheidungen treffen können. Vor allem aber braucht man eine gute Kommunikationsfähigkeit. Man muss seine Entscheidungen, die ja manchmal unbequem sind, gut vermitteln können. 

Was rätst du jungen Menschen, die mit dem Gedanken spielen, Schiedsrichter zu werden? 

Ich kann nur jedem sagen: Probiert es aus. Macht eine Ausbildung beim WTB. Man bekommt dann schnell ein Gefühl, ob es einem liegt oder nicht. Schiedsrichter werden immer gesucht. Die Möglichkeit, recht schnell große Turnierluft zu schnuppern ist als Linienrichter gegeben. So kann man alles kennenlernen und es ist ein guter erster Schritt auf dem Weg zum Schiedsrichter. Und nochmal: Ein herausragender Tennisspieler muss man nicht sein: Ich bin das beste Beispiel dafür. 

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Last modified: 28. Februar 2023